STORY: MAMA CITAS GRABSTEIN | |||
|
Auch das muss man wissen,
will man die Bedeutung von Mama Cita, die Historie der Grabplatte
verstehen - das Umfeld, in dem Mama Cita ihren Platz in der Geschichte
hat (Das Folgende habe ich 1986 aufgeschrieben, am 5.9.86 stand
es so in einer schleswig-holsteinischen Tageszeitung mit damals
gut 125.000 Exemplaren Auflage, "Mama Cita" kommt auch
darin vor; ich kannte sie genau so, wie sie auf dem Foto auf
der vorigen Seite hinter ihrer Theke aussieht - den Hals der
gerade geöffneten Bierflasche mit einer Papierserviette
säubernd...):
Fort Bliss am Stadtrand von El Paso ist nur einer von etwa 30 über ganz Nordamerika verstreuten deutschen Bundeswehr-Stationierungsorten. In Sheppard bei Wichita Falls (ebenfalls Texas) werden gemeinsam mit den Luftwaffen anderer Nato-Staaten künftige Jet-Piloten ausgebildet, in Mather bei Sacramento (Kalifornien) zieht die Luftwaffe ihre Navigatoren heran, in George (Kalifornien) und Bergstrome (Texas) erhalten die Waffensystemoffiziere in den Jet-Cockpits ihren letzten Schliff. Zur Flugabwehrraketen- und flugkörperausbildung schickt die Luftwaffe ihre Soldaten außer nach Fort Bliss auch nach Fort Sill (Oklahoma) und Huntsville (Alabama). Bei verschiedenen US-Einheiten bestehen außerdem deutsche Verbindungsstellen, und selbst an der Airforce-Academy in Colorado Springs lehrt ein Oberstleutnant in deutscher Uniform als Gastdozent. Mehr als 100 Millionen US-Dollar (über 200 Millionen Mark) kostet die deutsche Luftwaffen-Präsenz in Nordamerika den bundesdeutschen Steuerzahler jedes Jahr, davon allein 83,4 Millionen Dollar für die fliegerische Ausbildung. Lohnt sich dieser Aufwand? Oberstleutnant Reinsch, dienstältester Offizier auf dem Stützpunkt Sheppard, ist davon überzeugt. 34 000 Flugstunden pro Jahr würden dadurch aus der Bundesrepublik in die USA verlagert: "Gerade vor dem Hintergrund der immer stärker werdenden Klagen über die Belästigung durch Tiefflüge in der Bundesrepublik" sei das eine spürbare Entlastung. Sein Kollege Oberstleutnant Klante, Staffelkapitän der 2. Deutschen Luftwaffenausbildungstaffel auf dem Stützpunkt Mather bei Sacramento (Kalifornien), zählt weitere Vorteile auf: "Die günstígen Witterungsbedingungen machen die Dauer der Lehrgänge genauer planbar; die Ausbildungskosten sinken dadurch; die Zusammenarbeit mit Soldaten der anderen Nato-Verbündeten wird gefördert". Nicht zu vergessen, so Klante: "Die Ausbildung gewinnt durch den Aufenthalt in den USA erheblich an Attraktivität". Die Attraktivität betont auch Brigadegeneral Griese, Chef des deutschen Luftwaffenausbildungskommandos in den USA: "Wir kommen aus einem kleinen Land in Europa, und unser Blickwinkel ist etwas anders als der der Weltmacht USA". Und: "Wir leben hier nicht im Ghetto, wie die Amerikaner in unserem Land". Oberst Karl Wallrath, Kommandeur der Raketenschule in Fort Bliss, bestätigt das: "Wir haben einen hervorragenden Kontakt mit der örtlichen Bevölkerung". Schließlich fungiere man neben der Ausbildung mitsamt Familienangehörigen auch als so etwas wie "Botschafter unserer Bundesrepublik Deutschland". Unter anderem habe sich die Fußballmannschaft der Raketenschule selbst in der weiteren Umgebung "erhebliche Beachtung erspielt". Nicht zu schlagen natürlich - und kaum noch wegzudenken im Gesellschaftsleben der Halbmillionenstadt El Paso: Das urdeutsche Oktoberfest, 5000 bis 6000 Gäste erwartet Wallrath in diesem Jahr wieder, aus dem bayerischen Lengries wird eigens dafür eine Trachtenkapelle nach El Paso eingeflogen - deutsche Folklore in Amerika. Deutsche Folklore selbst im benachbarten Juarez, jenseits des Grenzflusses Rio Grande, auf mexikanischer Seite: Bei "Mama Cita" tönt da schon mal die Deutschland-Hymne mit sämtlichen Strophen aus der ausschließlich mit deutschen Platten bestückten Musikbox, und von den Wänden der schummerigen Bier-Bar, die sich "Deutscher Club" nennt, leuchtet unter den verschiedenartigsten Aufklebern auch ein "Kiel ist Spaß" hervor.
Rund 45 000 Soldaten haben seit 1966 die Luftwaffenausbildungsprogramme in den USA durchlaufen. "Und so ziemlich alle dürften sich hier wohlgefühlt haben", sagt Oberstleutnant Reinsch, deutscher Chef der Nato-Pilotenausbildung in Sheppard. Portepee-Unteroffizier Horst Keuters, Ausbilder an der Raketenschule in Fort Bliss, bestätigt das: "Ich würde hier gern noch länger bleiben". Horst Keuters ist bereits mit Packen beschäftigt, in ein paar Wochen geht es mit Frau, Sohn und Tochter zurück - neuer Dienstort ist dann Heide in Schleswig-Holstein.
|
Atom-Alarm
im Meer
Wer
Amerika entdeckte
Die hier veröffentlichten Texte
sind geistiges Eigentum des Verfassers. Sie sind ausschließlich
|
|