LOB & TADEL - KOMMENTARE | ||
07.03.02 Zur Ostseerats-Tagung in Svetlogorsk und der öffentlichen Aufmerksamkeit Nur Oberösterreich sieht zu (?) Es war schon immer so, dass sich die eigentlichen Anstrengungen bei den Treffen der Aussenamts-Vertreter der Ostseestaaten hinter den Kulissen, Augen und Ohren der lauschenden Medien verborgen, abspielten. Der 11. Ostseerat in Svetlogorsk wäre der erste gewesen, bei dem das anders abgelaufen wäre. Russlands Aussenminister Iwanow etwa reiste sofort anschließend nach Litauen und zog dort wohl konkreter als es in der grossen Runde in Svetlogorsk möglich gewesen wäre am Strang für ein Transit-Abkommen Kaliningrad-Litauen-Russland. Auch für Deutschlands Staatsminister Zöpel ist vermutlich der Dialog mit dem regionalen Vertreter Präsident Putins und anderen Kaliningrader VIP's ergiebiger gewesen als das Abhören einer langen Reihe von Statements am Konferenztisch. Tatsächlich scheint sich der Ostseerat schon lange vor Svetlogorsk zu einem Gremium rationalisiert zu haben, dessen Aufgabe sich in der Entgegennahme der von ihm aufgegebenen Schulaufgaben seiner vielen Untergliederungen auf Fachminister- und Beamtenebene erschöpft. Das muss die Effektivität der vielfältigen politischen Bemühungen um das Zusammenwachsen im Ostseeraum nicht mindern - in ihrer gewachsenen Vielfalt sind die Aufgaben gar nicht anders zu bewältigen. Dass sich die jeweiligen großartigen Verlautbarungen aber immer wieder ähneln, hohle Schlagworte wie das vom Brückenschlag zwischen Russland und EU-Europa in ihrer Monotonie die vielen kleinen konkret erreichten Schritte großflächig überdecken - das läßt gähnen. Und das Interesse sinken: In Svetlogorsk waren es fast ausschließlich nur noch die nationalen russischen Medien, die diese Kommunique-Politik mit eigenen Augen und Ohren verfolgten. Für die Masse der deutschsprachigen Medien gab's ein paar von ITAR-Tass aufgeschnappte Brocken aus einem Moskauer Korrespondenten-Büro. Wer heute paperball.de durchsucht, findet als substanziell beinahe einzigen Svetlogorsk-Bericht den der Oberöstereichischen Nachrichten - mit Ortsmarke "Moskau". Wenigstens konnten Hans-Dietrich Genscher und Uffe Ellemann-Jensen so in Svetlogorsk den 10. Geburtstag "ihres" Kindes Ostseerat weitgehend im Familienkreise feiern. Die Neugier nach den Entwicklungsfortschritten des Kindes scheint vorbei. Die Ostsee-Außenminister sollten sich überlegen, wie sie es nun zum umschwärmten Teenager machen könnten. Nach den vielen Schulaufgaben wäre es langsam Zeit für das Abitur. PETER J. GOLLNIK
07.
Juni 2001 Richtig:
Es müssen nicht jedes Mal Leuchtfeuer gesetzt werden - die
kontinuierliche Arbeit für die Ostseezusammenarbeit ist
wichtiger, wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Simonis
befand. Richtig ist aber auch, dass es dem Tagesgeschäft
Ostseepolitik, wie es diese Bundesregierung beileibe ja nicht
nur während ihrer gestern in Hamburg weitergegebenen Präsidentschaft
betreibt, gelegentlich doch an einem klein wenig Blinken mangelt,
das ihm vielleicht etwas Dynamik verschaffen könnte. Sicher:
Es geht voran aber mühsam. Wo etwa ostseeweite Projekte
angedacht und angeschoben werden, entgleitet ihnen leicht wieder
der Boden, weil EU-Förderung so furchtbar kompliziert ist.
Wo auf Handel und Wirtschaft gesetzt wird, können nur schwer
blühende Landschaften entstehen, wenn die Politik die Bürokratie-Barrieren
nicht forträumt. Schön, wenn das jetzt erklärtermaßen
geändert werden soll. veröffentlicht 08.06.01 in Kieler Nachrichten
Zum NGO-Forum in Lübeck Ein holperiger Weg Wie wäre es schön, wenn das Lübecker Treffen von Bürgerorganisationen aus dem Ostseeraum wirklich ein Startschuß würde für das nächste Kapitel Erfolgsgeschichte Ostseekooperation, wie Ministerpräsidentin Simonis sich das wünschte. Allein: Der Bildung eines Netzwerks, der erhofften Partnerschaft mit der Politik, der Zusammenarbeit mit den Regierungen steht ein holperiger Weg bevor. Der hatte schon mit der sehr zufälligen Auswahl der Forum-Teilnehmer begonnen, die weder Spektrum noch Querschnitt demokratischer Basis-Initiativen abbilden konnte. Der setzte sich in den Schlußfolgerungen fort, die zwar konkrete Forderungen enthalten, in denen sich aber beileibe nicht alle wiederfanden, die zuvor die Themen erarbeitet hatten. Solche Steine müssen überwunden werden. Seit Lübeck sind die Bürgerorganisationen wieder auf sich gestellt. Ohne uneigennützige Hilfe zur Überwindung finanzieller und anderer Hindernisse aber sind Diskussionen wie die von Lübeck kaum veranstaltbar. Es wäre schade, wenn nach der Außenminister-Konferenz die Kontakte zum Ostseerat und zur Bundesregierung, die sich dieses Forum als ihre Präsidentschaftsinitiative auf die Fahnen schreibt wieder verloren gehen. Das würde auch ein keimendes Vertrauen in die Ehrlichkeit des Wunsches nach Zusammenarbeit zerstören. Dann wäre der Schuß nach hinten losgegangen. Peter J. Gollnik 22.06.2000 Die
Chance nutzen Mit der Vorlage seines Arbeitsprogrammes für den in Bergen übernommenen Ostseeratsvorsitz hat Deutschlands Außenminister Joschka Fischer seinen guten Willen dazu wenigstens dokumentiert. An der realen Umsetzung wird sich Fischer, wird sich die gesamte Berliner Regierungskoalition messen lassen müssen. Eine einjährige Präsidentschaft ist eine kurze Zeit. Zeitweilige Inaktivität kann ein komplettes Arbeitsprogramm zur Makulatur machen. Gefordert sind aber auch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg. Was in den vergangenen Jahren in der Ostseepolitik sich nur mühsam gestalten ließ, bietet sich jetzt als Gelegenheit an: Die hiesigen regionalen Ostseeinteressen, auch Zukunftsvisionen, in regen Gedankenaustausch in Deutsche Bundespolitik einzubringen. Die Chance war noch nie so groß. Sie muss nur genutzt werden. PETER J. GOLLNIK
13.04.2000 Beispiellose
Erfolgsgeschichte In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Seit sich im März 1992 auf Einladung der damaligen Außenminister von Dänemark und Deutschland deren Amtskollegen aus Estland, Finnland, Litauen, Norwegen, Polen, Russland und Schweden in Kopenhagen zum ersten Mal trafen, hat eine bespiellose Erfolgsgeschichte ihren Lauf genommen. Heute kündigt sich die Ostsee schon als EU-Binnenmeer an. Auf inzwischen acht Außenministertreffen sind Wege der Zusammenarbeit gefunden worden, die die Länder rund um dieses Meer letztlich zu dem gemacht haben, als was sie sich in Kolding darstellten: Zu einer großen Familie, in der es kleinere Zwistigkeiten ebenso gibt, wie eine im Großen grundsätzlichen herrschende Einigkeit. Auch ein schwarzes Schaf hat diese Familie: Russland. Dieses Russland zu integrieren, ist vielleicht die größte und schwierigste Aufgabe der Ostseeerfolgsgeschichte. In Kolding ist auch diese Aufgabe angestoßen worden. Und wenn das nach außen auch nur beiläufig aussah: Wie in jeder Familie bewirken manchmal die leisen Töne mehr aus die lauten. Insofern war das Beschauliche an dieser Zusammenkunft ein positives Zeichen: Wenn es funktioniert, müssen Familienoberhäupter eben nicht mehr viel sagen. PETER
J. GOLLNIK Ostsee-Parlamentarier
in Lübeck (D) Vielleicht ein Markstein Es könnte sein, daß Schleswig-Holstein eines Tages in der Geschichte der Ostsee-Parlamentarier-Konferenz als Markstein genannt wird. Nicht etwa wegen des Katalogs recht braver Forderungen an Regierungen und EU-Gremien, der heute in Lübeck verabschiedet wird. Sondern weil dieser Katalog womöglich der letzte ist, der so wenig konkret, so wenig ambitioniert erscheint, daß sich "Erfolge" dann des substantiellen Mangels seiner Inhalte wegen allemal und immer herausinterpretieren lassen werden. Tatsächlich sind die Forderungen nicht das herausragende Ergebnis dieses nunmehr siebenten Treffens von annähernd 100 Parlamentariern aus den Staaten und Regionen rund um die Ostsee. Die Abgeordneten sind die großen Worte offenbar leid, wenn daraus nicht wenigstens auch nur annähernd sichtbare Taten werden. Es war an der Zeit, daß sie nach exakter Definition verlangen, nach straffer Koordination, nach präzisen Aussagen. Sie haben recht: Der politische Wille allein bewegt noch gar nichts. Es sieht so aus, daß die Parlamentarier ihren Unmut in Lübeck nicht nur für die Akten artikuliert haben. Nachgefragt werden muß das beim nächsten Treffen. Könnte sein, daß die dann umgesetzten Folgerungen die Parlamentarierkonferenz endlich zu dem gestalten, was sie eigentlich immer schon sein wollte: zum Gegenstück des Ostseerates. Womit die vom Bürger Gewählten zeigen könnten, daß sie die Entwicklung in ihrem Vorgarten - im Ostseeraum - nicht allein und unüberwacht den Regierungen überlassen. PETER J. GOLLNIK, veröffentlicht 08.09.1998, Kieler Nachrichten Ostseerat in Nyborg (Dänemark) Egoismen aus dem Weg geräumt
veröffentlicht 24.06.98, Kieler Nachrichten
Gipfeltreffen
in Riga (Lettland) Erfolg - aber nicht für Bonn Es muß ja nicht gleich schöngefärbt sein, wenn alles als Erfolg gehandelt wird, was gerade kein Rückschlag ist. Insofern ist die Selbst-Einschätzung der beim Ostsee-Gipfeltreffen in Riga Beteiligten gewiß keine Schönfärberei. Es geht weiter voran, die Zahlen schreien es geradezu, jeder sieht es von außen, die unmittelbar Betroffenen erleben es von innen. Riga also ist ein Erfolg; nicht nur bei der Bestandsaufnahme, sondern vor allem darin, daß auch über die weitere Linie Einmütigkeit herrscht, ohne erkennbares Schwanken. Die vielen weiterhin vorhandenen Haken und Ösen, die Stolpersteine, Hemmnisse in der Praxis geraten dabei allerdings ein wenig zu sehr in den Hintergrund. Es ist sicher auch nicht unbedingt gleich Kanzlersache, wenn es um die Beseitigung verkorkster Bürokratie geht, die beispielsweise tagelang wartende Lkw-Güterschlangen an der Grenze zu Polen hervorbringt. An diesen "kleinen" Hemmnissen aber mißt sich erkennbar die Wirkung des "Erfolges", den Politik immer wieder für sich zu reklamieren trachtet. Im übrigen: Nicht alles, was zur "Kanzlersache" geadelt worden ist, muß auch zum Erfolg führen - und wenn Helmut Kohl in Riga gestern abend nach dem Gipfel ausdrücklich auf "exzellente Arbeit" etwa der Task Force zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität hinweisen zu müssen glaubte, kann das von anderen Beteiligten durchaus anders gesehen werden, wie dem kompletten Bericht ziemlich unverblümt zu entnehmen ist. Engagement birgt eben auch Risiko. Das sieht diese Bundesregierung ganz sicher auch so. Wie anders ist es zu erklären, daß auch in Riga wieder die Führerschaft der Schweden, nun auch der Dänen und das - sehr leise, aber vehemente - Engagement der Finnen deutlich wurde? Das Ostsee-Büro ist inzwischen endgültig von Stockholm vereinnahmt, Dänemark wie Finnland investieren kräftig, und ausgerechnet die Idee für ein Förderprogramm zugunsten der mittelständischen Wirtschaft wird von den Skandinaviern auf den Tisch gelegt - die Arbeit, die vielgestaltigen Aktivitäten, die immense Energie, mit der ganz maßgeblich auch von Schleswig-Holstein aus das Zusammenwachsen im Raum vor der Haustür einst und jetzt vorangetrieben wurde - dieser Ressourcen hat Bonn ohne Grund entsagt. Erfolg? Ja; aber nicht für Bonn. PETER J. GOLLNIK Veröffentlicht 24.01.1998, Kieler Nachrichten Ostseerat
in Riga (Lettland) Jahrhundertchance für Europa An den Rändern des Baltischen Meeres hat ein Blühen und Wachsen eingesetzt, von dem alle Ostseestaaten profitieren, nicht zuletzt auch Schleswig-Holstein - sei es vorerst auch nur über den Schiffsgüterumschlag. Nach dem Ostseegipfel von Visby und dem Außenministertreffen in Kalmar scheint die Zeit der Deklarationen vorüber - den Worten sind Taten gefolgt. Die Aufmerksamkeit, mit der in Riga das diesjährige Ostseerattreffen verfolgt worden ist, zeigt den Stellenwert, der dieser Entwicklung weit über die Region hinaus beigemessen wird. Nicht nur eine starke Vertretung der Brüsseler EU-Kommission registrierte dort den eingeschlagenen Kurs, selbst US-Außenministerin Albright ließ die Konferenz durch ihren Botschafter beobachten. Daß dabei so deutlich Amerikas Hilfe so direkt "der baltischen Familie" angeboten wurde, dürfte allerdings der Vertrauensbildung gegenüber den in ihren Sicherheitsinteressen geradezu kindlich empfindlichen Russen nicht unbedingt dienlich sein; der inneren Situation bei den Litauern, Letten und Esten mit ihren bedeutenden russischen "Minderheiten" jedenfalls dürften die USA damit keinen Gefallen getan haben. Noch vor dem "gemeinsamen Traum" der USA von einer "friedlichen, ungeteilten Euro-Atlantik-Region" stehen ohnehin noch eine unermeßliche Zahl vieler kleinerer Schritte. Der Weg dahin ist jedenfalls vorbereitet. Und inzwischen blickt auch die Welt auf die Entwicklung rund um die Ostsee. Tatsächlich: Vor Schleswig-Holsteins Haustür entwickelt sich ein "Labor gesamteuropäischer Zusammenarbeit", wie Klaus Kinkel es sagte - "eine Jahrhundertchance". PETER J. GOLLNIK 04.07.1997, Kieler Nachrichten |
Atom-Alarm
im Meer
Wer
Amerika entdeckte Baltikum
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