DIE OSTSEE-GIPFELTREFFEN
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Der Gipfel in Kolding (Dänemark)

13.04.2000

Engagement für den Norden


Kolding (nik) Sein Engagement für den Norden hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am Rande des Ostseegipfels im dänischen Kolding betont. Ziel sei es, der Ostseeregion ein ebenso großes Gewicht zu verschaffen, wie es die Mittelmeerregion in Europa habe. Bei einem Gespräch mit Vertretern der deutschen Minderheit in Dänemark versprach Schröder, gemeinsam mit dem dänischen Regierungschef Poul Nyrup Rasmussen Nordschleswig zu bereisen. Schröder sicherte auch zu, dass die staatliche Hilfe aus Berlin für die etwa 20000 Angehörigen der deutschen Minderheit in Dänemark bestehen bleibe, die Kürzung der Fördergelder werde aber nicht zurückgenommen.

Veröffentlicht in Kieler Nachrichten, 14.04.00






13.04.2000

Kanzler lobt die Dynamik in der Ostsee-Region


Kolding - Die Bestandsaufnahme fiel positiv aus, und alle Teilnehmer dieses dritten Ostseegipfels waren im dänischen Kolding zufrieden. Eine der dynamischsten Regionen Europas sei das Ostseegebiet, befand Bundeskanzler Gerhard Schröder. Und weil Europa immer größer werde, lohne es sich, sich auch "in engeren regionalen Zusammenschlüssen zu treffen".

Inhaltlich hatten die Regierungschefs in Kolding eine Liste mit den drei Hauptpunkten "Wachstum und Entwicklung", "regionale und subregionale Zusammenarbeit" sowie "zivile Sicherheit" als Abschlusserklärung aufgestellt. Darin bekräftigen sie ihre Unterstützung unter anderem für die Verkürzung der Grenzabfertigungszeiten für Güter, einen Dialog über Regelungen für den Arbeitsmarkt, eine verstärkte Zusammenarbeit von EU, Russland und anderen interessierten Ländern, insbesondere mit Blick auf die EU-Erweiterung und die Lage des Königsberggebietes, Zusammenarbeit auf dem Gebiet nuklearer Sicherheit, wobei ein Frühwarnsystem für den Fall von Atomunfällen einbezogen werden soll, ein Atomfallmanagement, Zusammenarbeit bei Integration, Deregulation und Harmonisierung auf den Elektrizitäts- und Gasmärkten, Hilfe bei Wasser- und Abwasserproblemen in St. Petersburg und Königsberg, besonders bei den Giftmüllproblemen im Königsberggebiet. Eine gegenseitige Ergänzung sehen die Staats- und Regierungschefs in der EU-Erweiterung und der Entwicklung ihrer Nördlichen Dimension auf der einen Seite und den Anstrengungen des Ostseerates sowie subregionaler und grenzüberschreitender Zusammenarbeit auf der anderen Seite.

Großes Gewicht hat für die Regierungschefs weiterhin die zivile Sicherheit. Das Mandat der 1996 in Visby ins Leben gerufenen Task Force wurde in Kolding diesmal nicht wie bisher um zwei Jahre verlängert, sondern es gilt jetzt bis Ende des Jahres 2004. Die übernationale Gruppe führt 23 erfolgreiche Aktionen gegen Drogen, Autodiebstahl, illegale Einwanderung, Schmuggel und Geldwäsche auf. Neu im Programm der grenzüberschreitend arbeitenden Task Force ist der Kampf gegen ansteckende Krankheiten. Dazu muss man wissen, dass das Königsberger Gebiet die höchste Aids-Quote Russlands aufweist. Konkrete Beschlüsse wurden nicht festgeschrieben. Künftig soll aber zwischen den jährlichen Treffen der Außenminister - das nächste 2001 in Hamburg - ein Expertenkomitee die Zusammenarbeit überwachen und als Anlaufstelle dienen. Ein neuer Gipfel wurde nicht vereinbart.
PETER J. GOLLNIK

Veröffentlicht in Kieler Nachrichten, 14.04.00


12.04.2000

Ostseegipfel streicht künftige Cheftreffen


Kolding (-nik) Ostseegipfeltreffen wird es voraussichtlich künftig nicht mehr geben. In einem den KN vorliegenden Papier, das heute von den Staats- und Regierungschefs der Ostseeanrainer abgezeichnet werden soll, wird statt dessen den Treffen der Außenminister eine führende Rolle bescheinigt.

Veröffentlicht in Kieler Nachrichten, 13.04.00


12.04.2000

Zum letzten Mal ein Ostsee-Gipfel?


Für die bilateralen Gespräche am Rande des dritten Treffens der Staats- und Regierungschefs aller Ostsee-Anrainerstaaten blieb gestern im dänischen Kolding reichlich Zeit - und ein gut Teil der Delegations-Häupter kam von vornherein später als im Programm vorgesehen in der jütländischen Stadt an. "Mittwoch essen, Donnerstag Vormittag sprechen", karikierte ein Delegationshelfer in Kolding das denn auch als tieferen Konferenz-Sinn.

Dabei hatten die Staats- und Regierungschefs von Norwegen (derzeit Vorsitz im Ostseerat), Dänemark als Gastgeber, Deutschland, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland, Finnland, Schweden und Island sowie die Vertreter der EU-Kommission durchaus tiefschürfende Themen auf die Agenda ihres zweitägigen Treffens setzen lassen.

Der Aufbau einer selbsttragenden wirtschaftlichen Entwicklung in den baltischen Staaten soll in Kolding bilanziert werden, die Sicherung der Energieversorgung, Sicherheit von Atomkraftwerken (das baltische Ignalina steht da im Visier), die Beseitigung der immer noch quälenden Handelshemmnisse (was besonders Russland betrifft), und natürlich das ernste Thema der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität wurden als Programmpunkte genannt. Weitestgehend sind die allerdings schon im Vorfeld abgehandelt; mehrfach hatten sich in den vergangenen Wochen die Zuarbeiter der Regierungschefs deswegen in Norwegen getroffen. Da solche Handhabung mehr und mehr zur gängigen Praxis geworden ist (und da das in Stockholm angesiedelte Ostsee-Koordinationsbüro inzwischen hervorragend funktioniert), wird dieser dritte Ostsee-Gipfel voraussichtlich der letzte sein; an die Stelle der zweijährigen Treffen der Regierungschefs sollen jährliche Treffen der Außenminister treten - und ohnehin träfen sich ja die Fachminister, denen die eigentliche Ausgestaltung der Beziehungen zufällt, regelmäßig. Unter den gar nicht mehr wie noch bei den Vorgänger-Gipfeln in Visby und Riga zu Hunderten zählenden Medienvertretern machte das Bonmot die Runde: "Das gipfeligste am Gipfel ist der Name".

Ganz so drastisch erscheint das allerdings nur nach außen so. Nicht unbedingt für die auf "harte Fakten" wartenden Medien bestimmt dreht sich hinter den verschlossenen Türen im Koldingfjord-Hotel vieles um die äußerst schwierige Einbeziehung Russlands in den Ostsee-Kreis. So liegt Lettland zur Zeit in einem gefährlichen Streit mit der Kreml-Administration, nachdem Ministerpräsident Skele das russische Vorgehen in Tschetschenien klar als "Völkermord" tituliert hatte - nun dreht Moskau den Spieß um und beschuldigt die Regierung in Riga der Missachtung von Menschenrechten, gar der "Unterstützung von Terroristen", weil ein lettisches Gericht kürzlich einen ehemaligen kommunistischen Partisan wegen Kriegsverbrechen verurteilt hatte. Mehrfach hatte Moskau in der Vergangenheit im Zuge solcher Auseinandersetzungen den Balten bereits Energielieferungen abgedreht.

Viel schwer wiegenderes Thema ist allerdings die Enklave Königsberg, um deren zumindest wirtschaftliche Öffnung sich ganz besonders Nachbar Litauen bemüht. Schwer wiegend auch deshalb, weil offensichtlich vom Kaliningrad Oblast systematischer Schmuggel im Großformat ausgeht. Schwarz gebrannter Alkohol geht zum Beispiel nach Interpol-Ermittlungen von Königsberg aus über Polen und Litauen vorwiegend nach Deutschland und Belgien. Auch das dürfte gestern Abend Thema gewesen sein - beim Dinner, zu dem die Delegations-Häupter per Boot vom Koldingfjord-Hotel zur Burg gebracht wurden. PETER J. GOLLNIK

(Veröffentlicht in Kieler Nachrichten, 13.04.00)


11.04.2000

An der Ostsee kühlt die Stimmung ab


Kolding. Von der Hochstimmung des ersten Treffens vor vier Jahren in Visby auf Gotland ist nicht mehr viel zu spüren, wenn heute die Staats- und Regierungschefs des Ostseerates im dänischen Kolding zu ihrem dritten Treffen kommen. Die Zeit des Aufbruchs ist vorbei; vieles ist der EU nach Brüssel auf die Bank geschoben worden, und im Rennen um die Plätze in der EU sind Familienmitglieder nun Konkurrenten.


Nicht nur die drei baltischen Staaten, auch die Polen fühlen sich derzeit hintangesetzt. Polen unter anderem deshalb, weil der von Warschau erhoffte EU-Beitrittstermin 2003 von EU-Kommissar Romano Prodi, der heute und morgen ebenfalls in Kolding vertreten ist, in Frage gestellt wird. Prodi begründete das unter anderem mit Skepsis im EU-Volk gegenüber der Osterweiterung, wobei er ausdrücklich den FPÖ-Wahlerfolg in Österreich darauf zurückführte. Dass Deutschlands Arbeitsminister Walter Riester dazu konkret das Problem eines Zustroms billiger polnischer Arbeiter in Warschau auf den Tisch legte, hat die Atmosphäre nicht gelockert.

Abgekühlt ist auch die Begeisterung in den drei baltischen Staaten. Deutschland empfinde sich als "der Anwalt der Balten" hatten sich Mitglieder der vorigen Bonner wie der jetzigen Berliner Regierung gern gerühmt; Taten wurden indes nur wenig sichtbar. Der einstige Kanzler Helmut Kohl verschob die erhofften Handreichungen des Bundes stattdessen ganz offen nach Brüssel: "Wir zahlen genug in die EU", sagte er beim zweiten Ostsee-Gipfel 1998 in Riga (da war er zum ersten Mal in den damals schon acht Jahre unabhängigen baltischen Staaten).

In Kolding steht heute und morgen zwar das Thema "Selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung" für Balten und Polen auf dem Programm - das aber wohl eher zum Zwecke positiver Darstellung. Gelegenheit zur Selbstdarstellung bietet auch die Momentaufnahme des Kampfes gegen organisierte Kriminalität. Schon in Riga ließen sich daraus öffentlichkeitswirksame positive Zahlen verbreiten - im real existierenden Papier der zuliefernden Arbeitsgruppe stellte sich allerdings einiges (insbesondere die damalige Bonner Koordinationstätigkeit) anders dar. Ganz sicher Hauptthema (aber mangels positiver Darstellungsmöglichkeit eher nicht so offen gehandelt) ist in Kolding das Verhältnis zu Ostsee-Anrainer Russland und der Umgang mit Russlands faktischer EU-Enklave Königsberg. Dass der neue Präsident der Russen, Wladimir Putin, nicht in Dänemark dabei ist, hat übrigens keine Aussagekraft: Putin darf gemäß russischer Verfassung keine Auslandsreise unternehmen, solange er nicht offiziell ins Amt eingeführt ist - und das wird erst Anfang Mai sein. PETER J. GOLLNIK

Veröffentlicht in Kieler Nachrichten, 12.04.00

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